Bewirtschaftung von Stockwerkeigentum - Quo vadis?

Die Branche der STWE-Bewirtschafter klagt oft über mangelnde Rentabilität und über fehlenden Nachwuchs. Der Vorstand der Fachkammer Stockwerkeigentum hat sich anlässlich seiner letzten Klausur eingehend mit dem Thema befasst. Der vorliegende Beitrag fasst die Diskussion zusammen.

Ausgangslage:

Stockwerkeigentum wird immer beliebter und es werden immer mehr Stockwerkeigentumswohnungen gebaut. Die vor allem in den Städten gebotene verdichtete Bauweise sowie die stetige Ertragsoptimierung führt zum Abriss von Einfamilienhäusern und zum Bau von immer grösseren Stockwerkeigentümergemeinschaften.

Viele, gerade auch grössere Marktteilnehmer bewirtschaften kein Stockwerkeigentum mehr. Als Gründe hierfür hört man immer wieder dieselben Argumente: Stockwerkeigentum rechnet sich nicht und es fehlt der Branche an Nachwuchs. Ohne geschultes Personal lassen sich aber die sowohl menschlich als auch rechtlich immer komplexeren Gemeinschaften nicht mehr rentabel bewirtschaften.

«Stockwerkeigentum rechnet sich nicht.»

Die Bewirtschaftung von Stockwerkeigentum wird üblicherweise mit einem pauschalen Jahreshonorar verrechnet. Nach dem Motto «Geiz ist geil!» werden von sparwütigen Stockwerkeigentümern bei der Auswahl der Bewirtschaftung gerne nur Honorare miteinander verglichen. Dabei werden mangels Vergleichs der in den Honoraren inkludierten Leistungen gerne auch Kraut und Rüben miteinander verglichen. Am Ende wird oft derjenige Bewirtschafter gewählt, der die günstigste Offerte abgibt. Die Branche stöhnt denn auch über einen erheblichen Honorardruck. Oft nicht sonderlich gut ausgebildete Verwaltungen, die sich in Crash-Kursen maximal Basiswissen angeeignet haben, fehlt oft auch der Weitblick in der Bewirtschaftung. Hört man aber der Branche weiter zu, so stellt man fest, dass vor allem spezialisierte Bewirtschaftungsfirmen oft komplett ausgelastet sind und sich ihre Mandate in der Zwischenzeit gezielt aussuchen können. Ihre Honorare werden kaum in Frage gestellt, weil ihre Kompetenz geschätzt und auch gerne bezahlt wird.

Nicht zu vergessen ist bei der Beurteilung der finanziellen Rentabilität der Stockwerkeigentumsbewirtschaftung auch der Umstand, dass ein guter Dienstleister oft erster Ansprechpartner bei der Unterstützung eines Verkaufs einer Wohnung sein kann. Eine gute Bewirtschaftung wird dann zu bezahlter Akquise in der Vermarktung.

Effizienter werden

Grundvoraussetzung für eine effiziente Verwaltung ist zunächst, dass die Bewirtschaftung ihren Aufwand stundenmässig erfasst, um so auch einen Überblick über die Rentabilität der Abteilung, aber auch der einzelnen Mandate zu gewinnen. Nur so kann festgestellt werden, welche Mandate kostendeckend bewirtschaftet werden und welche nicht.

Die Digitalisierung bringt der Bewirtschaftung viele Möglichkeiten, Prozesse zu automatisieren und optimieren. Bereits heute sind viele Tools auf dem Markt, die aber oft an den Schnittstellen noch nicht ausgereift sind. Viele Firmen lassen sich sogar eigene Tools programmieren. Hier muss man sich fragen, ob dies auf lange Sicht effizient ist, weil der Markt– sofern nicht bereits vorhanden – künftig wohl günstigere und effizientere Möglichkeiten bietet. Unabhängig davon führt die Digitalisierung zu erhöhten Kosten, welche sich nur dann rechnen, wenn damit eine Entlastung des Personals einhergeht.

Die gegenüber früher deutlich beschleunigte Kommunikation via e-Mail, teilweise auch via whatsapp-Chats oder sonstige Tools, aber auch die erhöhte Anspruchshaltung der Stockwerkeigentümer führen nicht selten zu einem vermehrten Kommunikationsaufwand für die Bewirtschaftung. Diese muss sich fragen, ob die Beantwortung jeder E-Mail und die Erfüllung jedes Bedürfnisses von ihrem Honorar gedeckt sind. Sinnvoll ist es bei der Kommunikation mit Stockwerkeigentümern auf jeden Fall, den Ball mit der ersten Antwort wieder dem Eigentümer zurückzuspielen, anstatt eine zusätzliche Pendenz vor sich herzuschieben. Entsprechende Standardantworten und -vorgehen sollten für die ganze Abteilung erarbeitet und verwendet werden.

Im Rahmen der Bewirtschaftungstätigkeit gibt es auch einfache Methoden, um Aufwand und Diskussionen zu verringern:

  • Die Verkürzung von Protokollen zu eigentlichen Beschlussprotokollen minimiert den Aufwand beim Erstellen der Protokolle. Zudem erspart man sich Diskussionen über den eigentlichen Gesprächsinhalt und konkrete Meinungsäusserungen. Hierfür gilt: «Weniger ist mehr!»
  • Bei der Budgetierung lohnt es sich, für Unterhaltskosten etwas offensiver zu budgetieren. So kann Unvorhergesehenes ohne Diskussionen mit dem Ausschuss oder gar a.o. Versammlungen im Rahmen des Budgets, aber auch der Kompetenzsumme, die der Bewirtschaftung gemäss Verwaltungsvertrag zusteht, erledigt werden.
  • Holt die Bewirtschaftung im Hinblick auf eine auszuführende Arbeit Offerten ein, ohne dass der Beschluss über die Arbeit bereits feststeht, so kann die Bewirtschaftung sich auch damit begnügen, nur eine Offerte einzuholen. Allenfalls lässt man auch antragsstellende Stockwerkeigentümer selbständig Offerten einholen. Die Richtofferte soll dann nach dem Beschluss über die auszuführende Arbeit mit Konkurrenzofferten hinterfragt werden. So spart sich die Bewirtschaftung unnötigen Zusatzaufwand.

Sind Gemeinschaften über längeren Zeitraum nicht kostendeckend, so ist Ursachenforschung zu betreiben. Unter Umständen war das vereinbarte Honorar von vornherein zu tief angesetzt, evtl. ergab sich im Verlaufe des Mandats eine Aufwanderhöhung. Eventuell liegt der übermässige Zeitbedarf an einem «aufwändigen» Stockwerkeigentümer, auf den dieser Zusatzaufwand gegebenenfalls abgewälzt werden kann. Die Bewirtschaftung darf sich auch nicht scheuen, nicht im Pauschalhonorar eingeschlossene Leistungen als Zusatzaufwand zu fakturieren. Voraussetzung für eine diesbezügliche Akzeptanz hierfür ist eine saubere Vertragsgestaltung und eine transparente, möglichst frühzeitige Kommunikation. Ist weder dies noch eine allgemeine Honorarerhöhung verhandelbar, so muss über die Kündigung des Mandats nachgedacht werden.

«Kein Bock auf Stockwerkeigentum!»

Die Bewirtschaftung von Stockwerkeigentum stellt hohe Anforderungen an den Bewirtschafter. Nicht umsonst galt sie lange als Königsdisziplin der Immobilienbranche. Sie erfordert Kenntnisse in den Bereichen Bau, Buchhaltung, Recht, aber v.a. auch soziale Kompetenzen. Verbunden mit den oft abends stattfindenden Versammlungen führt dies dazu, dass gerade junge und unerfahrene Bewirtschafter wenig Freude an der Bewirtschaftung von Stockwerkeigentum entwickeln. Ambitionierte Nachwuchskräfte wechseln deshalb in die Vermarktung, andere bevorzugen die Ruhe in der Buchhaltung, wo weniger schwierige Kundenkontakte bestehen. Die Branche spricht deshalb von einem Nachwuchsproblem in der Bewirtschaftung von Stockwerkeigentum.

Da gerade junge Bewirtschafter im Umgang mit anspruchsvollen Kunden weder Erfahrung haben noch darin im Rahmen der regulären Ausbildungsgänge geschult werden, besteht hier Nachholbedarf. Heute sind Eigentümer oft über Online-Angebote gut informiert und teilweise den jungen Bewirtschaftern in rechtlicher Hinsicht überlegen. Der Nachwuchs braucht deshalb in vielerlei Hinsicht Unterstützung:

  • Er muss lernen, sich von anspruchsvollen Eigentümern abzugrenzen und nicht alles persönlich zu nehmen. Dies erfordert einerseits Selbstvertrauen, anderseits aber auch Unterstützung und Ausbildung im psychologischen Bereich.
  • Junge Bewirtschafter müssen Rückendeckung des Vorgesetzten spüren. Sie müssen darauf vertrauen können, dass sie Probleme jederzeit besprechen können und dass ihnen im Konfliktfall der Rücken gestärkt wird. Bei ganz schwierigen Kunden muss auch die Möglichkeit gegeben sein, ein Mandat intern umzuplatzieren oder dieses gar zu kündigen.
  • Viele Firmen investieren viel zu wenig in die interne Ausbildung und die Begleitung des Nachwuchses. So lohnt es sich beispielsweise, Kommunikation und Versammlungen zu Beginn gemeinsam mit dem Nachwuchs vorzubereiten und sie auch an schwierige Versammlungen zu begleiten. So kann Frustpotential vermieden werden.

Aber auch organisatorisch sind Massnahmen möglich, um den Nachwuchs wieder vermehrt zu begeistern. Die ungeliebten Abendtermine können unter Umständen vermieden oder zumindest verringert werden:

Viele Firmen sind dazu übergegangen, Gemeinschaften einen Rabatt anzubieten, wenn die Versammlungen während der Arbeitszeit stattfinden. Unflexible Gemeinschaften werden so teilweise plötzlich sehr offen für Termine innerhalb der eigentlichen Arbeitszeiten.

Durch die Schaffung einer reglementarischen Grundlage für Versammlungen in der Form von Videokonferenzen können die nun vielerorts bestens eingespielten, virtuellen Versammlungen auch nach dem Ausserkrafttreten der Covid-19-Bestimmungen weitergeführt werden, soweit die zu diskutierenden Themen dies zulassen. So lassen sich Versammlungen verkürzen, Reisezeiten vermeiden und Termine wohl auch eher auf Zeiten innerhalb der Arbeitszeiten verlegen.

Fazit

Die Bewirtschaftung von Stockwerkeigentum ist anspruchsvoll; die Suche und die Ausbildung von Personal in diesem Bereich entsprechend schwierig. Die Fachkammer Stockwerkeigentum hat diese Probleme erkannt. Sie versucht, seine Mitglieder mit verschiedenen Dienstleistungen, einfachen Ausbildungsmodulen, aber auch mit einem noch in Arbeit befindlichen, längeren Spezialisierungskurs zu unterstützen. Der wichtigste Teil der Arbeit, die Optimierung der Abläufe und die Unterstützung des Nachwuchses in der täglichen Arbeit, liegt jedoch in der Verantwortung der Betriebe.

 

Dieser Beitrag von Michel de Roche ist in der Ausgabe November 2021 der Immobilia, der Verbandszeitschrift des SVIT Schweiz, erschienen.