Erste Erfahrungen mit dem neuen WRFG

Am 28. Mai 2022 trat das neue Wohnraumfördergesetz des Kantons Basel-Stadt in Kraft. Nun sind erste Entscheide veröffentlicht worden.

Vorbemerkungen

Am 28. Mai 2022 trat das neue Wohnraumfördergesetz des Kantons Basel-Stadt in Kraft. Dieses wurde im Zuge der Volksabstimmung vom November 2021 erheblich verschärft. Ein schwieriges Element wurde im Rahmen eines Bundesgerichtsentscheides bereits im Herbst 2023 wieder aus dem Gesetz gekippt: Das Gesetz statuiert bei Sanierungen, welche nicht im bewohnten Zustand durchgeführt werden können, ein Rückkehrrecht der bisherigen Mieterschaft. Das Bundesgericht kam dabei zum Schluss, dass eine solches Recht gegen Bundesrecht verstosse und darum künftig nicht mehr angewendet werden darf. Zur Zeit ist vor Appellationsgericht ein Fall hängig, in dem die Vereinbarkeit des Verfahrens mit dem Koordinationsgebot gemäss Raumplanungsgesetz überprüft werden soll. Aus Sicht des Autors verstösst das Verfahren zur Zeit gegen dieses Gebot, weil das Verfahren vor der Wohnschutzkommission (WSK) hinter das eigentliche Baubewilligungsverfahren anschliesst. Es wird sich zeigen, ob das Gericht das auch so sieht.

Die WSK hat im ersten Quartal 2024 nun erste Entscheide publiziert. Diese betreffen insbesondere die Zulässigkeit von Sanierungen und die bewilligten Mietzinserhöhung. Das Gesetz hält bekanntlich fest, dass Sanierungen nur dann zulässig sind, wenn der Standard der Wohnung auch nach der Sanierung dem bisherigen entspricht. Damit soll verhindert werden, dass auf dem Wege der «Luxussanierung» die bisherige Mieterschaft mittelfristig aus den Wohnungen vertrieben werden.

Einzelfälle

A. Strangsanierung eines Wohnhauses mit fünf Wohnungen

In diesem Fall beantragte die Vermieterschaft eine Strangsanierung mit Ersatz aller Leitungen, aller Badezimmer sowie des Einbaus einer Rauch- und Wärmeabzugsanlage. Geplant waren Investitionen über CHF 80'000 pro Wohnung. Der Vermieterschaft gelang es trotz fehlender Rechnungsbelege, die WSK von der Notwendigkeit aller baulichen Massnahmen zu überzeugen, weil die vorliegenden Bilder dies belegten. Die Investitionen wurden dementsprechend anerkannt. Es wurden Mietzinsaufschläge von CHF 79 pro Monat und Wohnung gutgeheissen.

Der Fall zeigt, dass Arbeiten zwar u.U. möglich sind. Umgekehrt lassen sich diese wirtschaftlich kaum rechnen, weil die bewilligten Mietzinserhöhungen die zu investierenden Beträge nicht amoritisieren. So werden Vermieter sich unter dieser Rechtslage nur bei absoluter Notwendigkeit für eine Sanierung entscheiden. Analoges kann auch zwei weiteren Fällen entnommen werden, welche die WSK publiziert hat. Ähnliche Fälle können auch den Medien entnommen werden.

B. Ersatz einer noch funktionalen Küche in einer Einzelwohnung

Im konkreten Fall plante die Eigentümerschaft den Komplettersatz einer Küche, deren Lebensdauer an sich abgelaufen war. Der Ersatz wurde durch die Mieterschaft gewünscht, diese war zudem mit einer Mietzinserhöhung von CHF 120 einverstanden, der dem Maximalsatz im vereinfachten Verfahren entspricht. Die Kosten der Sanierungsarbeiten waren mit gut CHF 50'000.00 veranschlagt.

Die WSK erwog, dass die Lebensdauer der Küche zwar abgelaufen, diese aber noch funktional sei. Die beabsichtigten Massnahmen seien zwar auf Wunsch der Mieterschaft angedacht worden. Diese seien aber nicht konform mit den überwiegenden Bedürfnissen der Wohnbevölkerung, welche im Rahmen der Prüfung der Gesuche auch zu berücksichtigen seien. Dementsprechend wurde im Rahmen der Berechnung der aufschlagsberechtigten Arbeiten ein Grossteil dieser Kosten gestrichen. Die WSK bewilligte die Arbeiten zwar, liess aber nur anstelle der beantragten und von der Mieterschaft akzeptierten CHF 120 nur einen Mietzinsaufschlag von 12 Franken pro Monat zu. Dieser darf im Rahmen der Mietzinskontrolle nun während fünf Jahren nicht überschritten werden. Es wird sich zeigen, ob die Vermieterschaft bei diesem Aufschlag nun diese Investition vornehmen wird. Sollte sich die Vermieterschaft dagegen entscheiden, müsste die Mieterschaft weiter mit der nicht mehr erwünschten Küche Vorlieb nehmen. Dieser Fall zeigt eindrücklich auf, wie die neuen Regeln nicht nur die Vermieterschaft, sondern u.U. auch die konkrete Mieterschaft unglücklich machen können.

C. Neueinbau einer Geschirrwaschmaschine

Dem Autor ist ein Fall bekannt, in welchem auf Wunsch der Mieterschaft und ohne Mietzinsaufschlag eine Geschirrwaschmaschine in einer Küche installiert werden sollte. Diese Massnahme musste zunächst bei der WSK beantragt werden. Hierfür musste ein 14 (!)-seitiges Formular ausgefüllt werden. Dieses wird anschliessend von vier Personen (3 Mitglieder der WSK plus der Schreiber) geprüft und bewilligt werden. Dieser Fall zeigt eindrücklich, dass der Begriff «Bürokratiemonster» der Realität entspricht. Dass dieses Verfahren nicht nur Zeit, sondern damit auch Geld kostet, ist offensichtlich. Solche Verfahren schlagen auch auf die Verwaltungskosten, die letztlich nur die Eigentümerschaft zu tragen hat, ohne dass irgendein konkreter Nutzen besteht.

D. Verzögerung von Bauarbeiten und ev. Leerstand von Wohnungen

Plant ein Vermieter nach der Beendigung eines Mietverhältnisses die Sanierung einer Wohnung, so muss er vor der Ausführung der Arbeiten eine entsprechende Bewilligung der WSK einholen. Dieses Verfahren kann u.U. einige Zeit in Anspruch nehmen. Zudem dürfen die baulichen Massnahmen erst in Angriff genommen werden, wenn die entsprechende Verfügung inkl. des bewilligten Mietzinsaufschlages rechtskräftig geworden ist. Diese Rechtskraft kann auch durch eine Beschwerde des Mieterverbandes verhindert werden, denn dieser hat nach den neuen Regeln ebenfalls ein Beschwerderecht. Ein solches Verfahren kann damit monate- oder auch jahrelang dauern. Erst nach Rechtskraft kann der Vermieter dann die Arbeiten ausführen und die Wohnung wieder vermieten. Das führt letztlich dazu, dass der Vermieter entweder eine unsanierte Wohnung wiedervermietet oder dass die Wohnung monate- oder jahrelang leer steht. Letzteres führt sowohl zu Einkommensverlusten auf Seiten der Vermieterschaft als auch dazu, dass die Wohnung auf dem Markt fehlt, was zu weiteren Engpässen auf einem ohnehin angespannten Markt führt. Daran hat an sich niemand an Interesse, ist aber angesichts der Rechtslage unumgänglich.

E. Begründung von Stockwerkeigentum

Die Begründung von Stockwerkeigentum ist nach den neuen Regeln nur noch dann zulässig, wenn die Wohnung über einen angemessenen Standard verfügt. Dies ist dann der Fall, wenn eine Zentralheizung vorliegt, sanitäre Einrichtungen in den Wohnungen vorhanden sind und wenn die Wohnung in der Küche über Anschlüsse für Energie, Wasser und Abwasser verfügt. Die WSK verfügt im Weiteren über einen gewissen Ermessensspielraum. In einem konkreten Fall prüfte die WSK das Vorliegen dieser Voraussetzungen und kam zum Schluss, dass die Liegenschaft zwar über ein gewisses Alter verfügte, aber gut unterhalten worden war. Sie bewilligte deshalb die Begründung von Stockwerkeigentum.

Der Autor war zudem in einen Fall involviert, in dem in einem Neubau Stockwerkeigentum begründet worden war. Auch hier wurde die Begründung von Stockwerkeigentum bewilligt. Löblich ist zu erwähnen, dass die entsprechende Verfügung innert weniger Wochen erging, obwohl die WSK nach Gesetz an sich vier Monate Zeit hätte, um die entsprechende Prüfung durchzuführen.

Fazit

Diese Fälle zeigen eindrücklich auf, zu welchen Problemen die neuen Regeln führen. Die Mieterseite ist zufrieden damit und freut sich – zumindest nach aussen – darüber, dass sie Wohnungen «schützen» können und Sanierungen so verhindert werden. Es wird sich zeigen, ob dieser Sanierungsstau nicht dazu führt, dass Wohnungen mehr und mehr verfallen werden, wie dies z.B. in Genf der Fall ist. Dass die Baubranche keine Freude an diesem Sanierungsstau hat, kann ebenfalls den Medien entnommen werden. Es bleibt zu hoffen, dass die Politik erkennen wird, dass diese Regeln übers Ziel hinausgeschossen haben und dass Korrekturen erforderlich sind.