Gebrauchsüberlassung an Tochter ist keine Untermiete!

Das Bundesgericht schützte einen Mieter, der seine Wohnung – ohne Einverständnis der Vermieterin – seiner Tochter überlassen hatte. Die deswegen ausgesprochene Kündigung war unwirksam.

Das Bundesgericht schützte im Entscheid 4A_39/2019 einen Mieter, der seine Wohnung – ohne Einverständnis der Vermieterin – seiner Tochter überlassen hatte. Die deswegen ausgesprochene Kündigung war unwirksam.

Der Mieter hatte im Mietvertrag angegeben die Wohnung persönlich zu nutzen. Später überliess er die Wohnung seiner Tochter, zahlte aber weiterhin den Mietzins selber. Die Vermieterin machte geltend, dass auch die unentgeltliche Gebrauchsüberlassung – genau gleich wie eine Untermiete – gestützt auf Art. 257f Art. 3 OR eine ausserordentliche Kündigung rechtfertige, wenn eine solche ohne vorgängige Zustimmung der Vermieterschaft erfolge.

Das Bundesgericht liess die – in der Lehre umstrittene – Frage offen, ob eine unentgeltliche Gebrauchsleihe tatsächlich nach den gleichen Regeln wie die Untermiete, d.h. analog zu Art. 262 OR, zu beurteilen sei (ablehnend etwa in BGE 126 III 186, 189 f. E. 3.2.3, betr. die unentgeltliche Gebrauchsleihe einer Wohnung an den Bruder bzw. Freunden des Mieters an bestimmten Wochentagen).

Da die Tochter des Mieters sich noch in Ausbildung befand, lag nach Ansicht des Bundesgerichts nämlich gar keine Gebrauchsleihe vor: Das Anbieten einer unentgeltlichen Wohnmöglichkeit erfolge unter solchen Umständen in Erfüllung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht des Vaters, weshalb sie einem persönlichen Gebrauch des Mietobjekts gleichzusetzen sei. Somit lag auch kein Kündigungsgrund vor.

Ob die Situation nach Beendigung der Ausbildung und ab Erlangung der finanziellen Unabhängigkeit der Tochter anders zu beurteilen wäre, liess das Bundesgericht wiederum offen. Sofern dann von einer unentgeltlichen Gebrauchsleihe auszugehen wäre, müsste es die Kündigung aber – in Anlehnung an seiner bisherigen Rechtsprechung – auch dann als unwirksam befinden. Denn die unentgeltliche Beherbergung von nahestehenden Personen und Verwandten gehört zum normalen und damit zulässigen Gebrauch des Mietobjekts – auch ohne Zustimmung der Vermieterschaft.

Bei allen mietrechtlichen Fragen steht Ihnen Michel de Roche gerne zur Verfügung.