Sanierungsfinanzierung im Stockwerkeigentum
Energetische, aber auch konventionelle Sanierungen werden im Bereich des Stockwerkeigentums immer wieder durch Finanzierungsprobleme gebremst, bzw. verunmöglicht.
Von Michel de Roche und Bruno Steck (Geschäftsführer und Eigentümer der Group46 GmbH in Burgdorf)
Der Klimawandel und der daraus resultierende politische Druck rücken energetische und nachhaltige Sanierungen in der Immobilienbranche verstärkt in den Fokus. Besonders im Bereich des Stockwerkeigentums wird die Bedeutung solcher Massnahmen immer deutlicher, doch die Umsetzung gestaltet sich schwierig. Finanzierungsfragen und die Entscheidungsfindung innerhalb der Stockwerkeigentümergemeinschaften stellen häufig hohe Hürden dar.
Leere Erneuerungsfonds
In der Schweiz stehen viele Stockwerkeigentümergemeinschaften vor einem erheblichen Problem: Ihre Erneuerungsfonds sind oft unzureichend dotiert. Interne Analysen der Fachkammer Stockwerkeigentum zeigen, dass ein Grossteil der Gemeinschaften nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügt, um notwendige Sanierungen durchzuführen. Ein Hauptgrund hierfür liegt in zu niedrigen Einzahlungen in die Erneuerungsfonds, die aus unzureichendem Wissen über Immobilienlebenszyklen und teils irreführenden Empfehlungen von Experten resultieren. Schätzungen zufolge klafft in den Erneuerungsfonds für den reinen Erhalt der Liegenschaften ein Defizit von rund 9,5 bis 13 Milliarden Franken – und in diesen Zahlen sind die zusätzlichen Kosten für energetische Sanierungen noch gar nicht berücksichtigt.
Kreditfähigkeit der STWEG
Die Fachkammer Stockwerkeigentum hat durch ein Gutachten, das von Prof. Dr. Amédéo Wermelinger und Michel de Roche erstellt worden ist, aufgezeigt, dass Stockwerkeigentümergemeinschaften grundsätzlich kreditfähig und auch kreditwürdig sind. Sie könnten also, ohne dass sämtliche Eigentümer unterschreiben oder solidarisch haften müssten, einen Kredit zur Finanzierung von Erneuerungs- und Unterhaltarbeiten aufnehmen, wenn dies von einer qualifizierten Mehrheit beschlossen wird.[1] Die kreditfinanziere bauliche Massnahme soll dabei aber nicht zur Regel werden, sondern als Option für Gemeinschaften dienen, deren Erneuerungsfonds nicht ausreichend gefüllt ist und die eine Finanzierungslücke kurzfristig schließen müssen.
Diskussion mit Banken
Nach der Präsentation des Gutachtens am Luzerner Tag des Stockwerkeigentums 2023 trat die Fachkammer in Kontakt mit potenziellen Kreditgebern. Nach der Feststellung der grundsätzlichen Kreditfähigkeit ging es darum, Banken und andere Finanzinstitute von der Tragfähigkeit dieses Modells zu überzeugen. Trotz verschiedener Einzelgespräche und einer Präsentation bei der Schweizerischen Bankiervereinigung im Frühsommer blieb der erhoffte Durchbruch jedoch bisher aus. Zwar konnte alle Teilnehmer der Runde die rechtlichen Argumente nachvollziehen, sah jedoch kein tragfähiges Geschäftsmodell, mit dem sich Geld verdienen liesse. Dass das Inkasso bei Stockwerkeigentümergemeinschaften schwieriger sein soll als bei klassischen Hypothekarschuldnern, war dabei ein wesentlicher Einwand. Zudem wäre dieser Ansatz neu und ungewohnt für die Finanzinstitute. Dennoch vertritt die Fachkammer Stockwerkeigentum klar die Meinung, dass es im Interesse der Banken sein sollte, sicherzustellen, dass Liegenschaften gut unterhalten werden. Für die Banken bedeutet dies nicht nur eine Absicherung gegen mögliche Wertverluste, sondern auch eine langfristige Stabilität ihrer Investitionen. Gut gepflegte Immobilien behalten nicht nur ihren Wert, sondern können diesen sogar steigern.
Die Fachkammer ist überzeugt, dass die Fremdfinanzierung von energetischen Sanierungen und anderen Instandhaltungsmassnahmen nicht nur möglich, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll realisierbar ist, wenn sich die Finanzinstitute ausreichend mit dieser Thematik auseinandersetzen. Weitere Gespräche sind geplant, um mögliche Modelle zu entwickeln, die sowohl für die Banken als auch für die Stockwerkeigentümergemeinschaften von Vorteil sind.
Erforderlichkeit der Kreditfinanzierung
Angesichts der Herausforderungen des Klimawandels und der zunehmenden politischen Forderungen, energetische Sanierungen umzusetzen, ist es dringend erforderlich, praktikable Finanzierungsmodelle zu entwickeln. Es bleibt abzuwarten, ob die nächsten Gespräche und Überlegungen fruchtbarer sein werden und ob potentielle Kreditgeber auch bereit sind, diese Chance zu ergreifen.
Dieser Artikel erschien in der Immobilia Ausgabe 11/2024, der Verbandszeitschrift des SVIT Schweiz.